Markenstrategien für Familienunternehmen

Familienunternehmen haben oft weder Zeit noch Budget für eine Markenstrategie. Dennoch können sie sich einiges von den großen Marken abschauen.
31. März 2025
Lesezeit: 9 Min
Inhalt
Wenn man von Marken spricht, werden meist Namen wie Apple, Nike und Coca-Cola genannt. Mit diesen globalen Konzernen haben Familienunternehmen wenig gemeinsam. Die Idee einer Markenstrategie kommt daher in kleinen Betrieben meist gar nicht auf.
Bei genauerer Betrachtung finden sich aber einige Methoden, die sich ein Familienunternehmen durchaus von den großen Marken abschauen kann. Immerhin sind auch kleine Unternehmen immer mehr vom globalem Wettbewerb mit seinen austauschbaren Angeboten betroffen.
„Heute geht es mehr um den Kontext, in dem ein Produkt oder eine Dienstleistung entsteht. Dieser Rahmen ist midnestens so wichtig wie das Produkt selbst.“
Armin Bonelli
In den letzten 20 Jahren habe ich beobachtet, dass immer mehr Familienunternehmen mit einer selbstewusste Marke auftreten. Gerade in Zeiten digitaler Vergleichbarkeit ist die nach außen getragene Identität oft der entscheidende Faktor, der Vertrauen schafft, Kunden bindet und unternehmerisches Wachstum ermöglicht.
Herausforderungen und Chancen für familiengeführte Unternehmen
Familienunternehmen haben traditionellerweise einen starken Fokus auf dem Produkt. Die Angebote werden jedoch zunehmend austauschbar. Die Identität des Unternehmens hingegen ist einzigartig, sie ist heute der eigentliche Unterscheidungsfaktor am Markt.
Familienunternehmen stehen vor spezifischen Herausforderungen in der Markenbildung: Die Ressourcen sind begrenzt, Marketing ist kein Kernthema und oft fehlt die Zeit für strategische Markenarbeit. Gleichzeitig verfügen sie über wertvolle Vorteile: Sie sind nah an ihren Kundinnen und Kunden, sie sind authentisch und können auf eine glaubwürdige Unternehmensgeschichte zurückgreifen. Das sind ideale Voraussetzungen für den Aufbau einer starken Marke.
Typische Fehler bei Familienunternehmen
1. Ausschließlicher Fokus auf das Produkt
Meist finden wir eine starke Fokussierung auf das Produkt statt auf die Marke. Produkte und Dienstleistungen sind jedoch zu einem hohen Grad austauschbar. Die Identität des Unternehmens hingegen ist einzigartig, sie wird zum Unterscheidungsfaktor.
2. Zu breite Positionierung
Der zweite Fehler, der oft gemacht wird, ist eine unklare Positionierung, nach dem Motto „Wir machen alles für alle“. Hier braucht es Mut zur Differenzierung. Das ist schwer, weil jeder Angst hat, Kunden zu verschrecken oder zu verlieren. Aber wie der Nike-Gründer Phil Knight sagte: „Es ist egal, wieviele dich hassen, solange genügend Menschen dich lieben.“
3. Vernachlässigung der digitalen Kommunikation
Der dritte große Fehler ist die Vernachlässigung der digitalen Kommunikation. Das ist aufwändig, aber ohne geht es heute nicht mehr. Zwar stellt der Aufbau und der laufende Betrieb digitaler Kommunikation einen bedeutenden Aufwand dar – gerade in kleinen Betrieben mit begrenzten personellen Ressourcen. Doch in einer Welt, in der potenzielle Kunden zuerst online nach Lösungen suchen, ist Sichtbarkeit im digitalen Raum unverzichtbar. Eine klare, konsistente Arbeit im Website, Social Media und E-Mail ist heute kein Luxus mehr, sondern unverzichtbarer Teil der Markenarbeit.
Erfolgsstrategien
1. Klare Positionierung
Eine eindeutige Positionierung ist die Basis jeder erfolgreichen Markenstrategie. Erfolgreiche Familienunternehmen konzentrieren sich darauf, wofür sie stehen und welche spezifische Leistung oder Haltung sie einzigartig macht. Die Entscheidung zur Differenzierung erfordert Mut, zahlt sich aber langfristig aus.
Ein Beispiel: Fritz-Kola begann als kleines Start-up zweier Studenten mit einem austauschbaren Produkt. Ein Beispiel: Fritz-Kola begann vor 20 Jahren als kleines Startup zweier Studenten. Das Produkt ist austauschbar. Allein die klare Positionierung mit dem rebellischen Image bildete die Abgrenzung zu Coca-Cola und Pepsi – und war damit der Grundstein zur heutigen Kultmarke.
2. Sichtbarkeit und Wiedererkennbarkeit
Die visuelle Identität – also Logo, Farbwelt, Typografie und Bildsprache – sorgt für Wiedererkennbarkeit. Ebenso wichtig ist eine konsistente Kommunikation auf den unterschidelichen Ebenen: Website, E-Mail-Signatur, Rechnung, Broschüre und Social Media sollten aus einem Guss wirken.
3. Die eigene Geschichte nutzen
Authentische Geschichten stiften Vertrauen. Familienunternehmen können hier besonders punkten, denn sie haben echte Geschichten zu erzählen: Gründungsmotive, Familienkonstellationen und Werte. Diese Elemente müssen jedoch gezielt ausgewählt und professionell aufbereitet werden. Unfokussiertes Erzählen oder das unreflektierte Teilen interner Details verfehlen oft ihre Wirkung.
Erfolgreiche Familienunternehmen zeigen den Prozess der Entstehung ihrer Produkte. Sie lassen die Menschen hinter die Kulissen blicken, denn die möchten heute ein Teil der Geschichte einer Marke sein.
4. Marke weiterentwickeln, ohne die Identität zu verlieren
Tradition und Neues sind kein Widerspruch. Erfolgreiche Marken kombinieren dies geschickt, indem sie ihren Kern wie eine Reliquie bewahren und gleichzeitig neue Angebote und Kommunikationswege einschlagen. Hier kann man von einer großen Marke lernen: Nivea hat die ikonische blaue Dose unverändert belassen. An dieser darf der Konzern nicht rütteln. Die Dose bleibt aus Alu, denn das ganze Gefühl vom Geräusch beim Öffnen bis zum Geruch der Creme muss unverändert bleiben. Rundherum kann man alles mögliche ausprobieren. Als Traditionsunternehmen hat man also ein Standbein, das stabil steht, und ein Spielbein, mit dem man beweglich ist.
Auch neue Angebote lassen sich auf Basis des Markenkerns entwickeln. Ein Weingut etwa bekommt ein paar Euro für die Flasche. Aber für ein Ernte-Erlebnis ist der Kunde vielleicht bereit, 100 Euro zu zahlen. Der Markenkern bleibt dabei unversehrt. Und nebenbei bewirkt das Ernte-Erlebnis eine emotionale Kundenbindung.
Relevante Kommunikationskanäle
Social Media ist fester Bestandteil moderner Markenkommunikation. Wer als Familienunternehmen Sichtbarkeit aufbauen möchte, kommt um diese Plattformen nicht herum. Parallel dazu sollte eine E-Mail-Liste gepflegt werden: Sie ist ein direktes Kommunikationsinstrument mit großer Wirkung.
Authentische Geschichten schaffen Emotionen und Vertrauen. Besonders bei Familienunternehmen ist Authentizität ein großer Vorteil, den große Unternehmen nicht liefern können. Die eigene Identität zu entdecken und die eigene Geschichte zu inszenieren ist aber gar nicht so leicht. Besser ist es, wenn der Prozess von einer außenstehenden Person professionell unterstützt wird. Sonst weiß man nicht, wo man anfangen soll. Einfach alles nach außen zu tragen ist nicht zielführend.
Auch mit begrenzten Ressourcen lassen sich diese Kanäle bespielen. Oft reicht schon externe Unterstützung für wenige Stunden pro Woche, um eine professionelle und kontinuierliche Präsenz aufzubauen.
Von den großen Marken lernen
Kleine Unternehmen können viel von Konzernen lernen, wenn sie die richtigen Prinzipien adaptieren. Apple zeigt beispielhaft, wie konsequente Markenführung funktioniert: Klarheit im Angebot, einheitliches Design, konsistente Kommunikation.
Klarheit
Klarheit kann für ein Familienunternehmen bereits ein großer Schritt sein, denn das bedeutet, Farbe zu bekennen und zu vielen Aspekten und Angeboten „Nein“ zu sagen. Das ist erfahrungsgemäß nicht so leicht, denn Familien sind traditionell generalistisch aufgestellt. Gerade deshalb kann die Investition in klare, konsistente Botschaften und ein einfaches Leistungsversprechen enorme Wirkung entfalten: intern, weil er Entscheidungen erleichtert – extern, weil er Orientierung gibt.
Konsistenz
Konsistenz ist der zweite wichtige Faktor. Kunden wollen sich auf ein wiederkehrendes Erlebnis verlassen können, wie bei McDonald’s. Sie erwarten, dass ein Unternehmen hält, was sie verspricht, nicht nur in Bezug auf das Angebot, sondern auf alle Erfahrungen, die ein Kunde an all den Berührungen mit dem Unternehmen macht. Vertrauen und Loyalität entsteht nicht durch punktuelle Highlights, sondern durch konsistente Erlebnisse. Gerade Familienunternehmen profitieren davon, wenn alle Kontaktpunkte – vom Erstkontakt auf der Website bis zur Rechnung – ein wiedererkennbares Bild vermitteln.
Cross Category Brand Transfer
Ein effektives Tool, das ich gerne nutze, nenne ich „Cross Category Brand Transfer“: dabei orientiert man sich an Werten, Erscheinungsbild und Kommunikationsstil einer erfolgreichen Marke aus einer anderen Branch. Die Kunden erkennen ein vertrautes Muster, das sie bereits schätzen. Der belgische E-Bike-Hersteller „Cowboy“ orientiert sich in Produktdesign und Nutzererlebnis an Apple und spricht damit gezielt dieselbe Zielgruppen an. Auch Vorwerk hat mit dem neuen Thermomix TM7 das Nutzererlebnis stark an Apple-Standards angelehnt.
Fazit
Familienunternehmen müssen sich nicht verstecken – im Gegenteil. Mit einer klaren Positionierung, der richtigen Geschichte und einem konsistenten Markenauftritt können sie nachhaltig Vertrauen schaffen und sich erfolgreich vom Wettbewerb abheben. Markenentwicklung ist kein Privileg der Großen, sondern eine Frage der Haltung, Klarheit und Konsequenz.

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Armin Bonelli
31. März 2025
Lesezeit: 9 Min